- Hoogeveen Open -
- Deutsche Polizeischachmeisterschaft - 
21.10.-04.11.2023

 
Zwei Turniere hintereinander
Knapp gescheitert in Kamp-Lintfort
 
Herbstlicher Doppelpack

Wir wollen hier den Faden wieder aufnehmen, den wir nach Pardubice 2023 fallengelassen haben. Zwei Turniere aus dem Herbst sollen noch besprochen werden, beide fanden unmittelbar hintereinander statt. Ohne Ruhetag dazwischen! Zunächst im idyllischen Hoogeveen, dann im ländlichen Kamp-Lintfort (NRW). Sebastian trat vorbereitet mit guten (Eröffnungs-)„Argumenten“  in die Diskussionen mit seinen Gegnern ein. Doch waren diese überzeugend? Das Rechercheportal turm-holthusen.de macht den Faktencheck!

Hoogeveen

36 Teilnehmer ab 2000 ELO (plus ein paar kuriose Ausnahmen) und an Platz 15 gesetzt, 9 Runden bei bekannter Bedenkzeit Fischer Kurz. Eine Runde pro Tag, dabei ein Tag mit einer Doppelrunde. Wie sagen doch die Niederländer?  Een dag niet geschaakt is een dag niet geleefd. Doppelt hält manchmal auch besser!

Erste Hälfte

In der ersten Runde ging es gegen die Standard-Inderin: Anfang 40, WGM, Zahl unter 2000. Wait, what? Hatte mal fast 2400… Zuletzt hart runtergespielt mit Nullen gegen 1500/1600. Was ist da los? Hat es da jemand auf die Rating-Preise abgesehen? Schwer zu sagen. Die Schachszene wird immer kurioser, und wenn man denkt, man hat schon alles gesehen…  Sebastian stand völlig auf Gewinn, selbst nach mehreren Ungenauigkeiten war die Stellung noch haltbar - aber auch das gelang nicht. Immerhin hat sie am Ende des Turnieres mal wieder 2200 performt - geht doch! Hier die Partie:

Sebastian - Swati 0:1

Sebastian konsolidierte sich: Schwarzremis gegen einen starken Jugendlichen mit 2100, danach zwei Siege gegen junge Gegner unter 2000. Der erste Sieg war noch sehr wackelig, der zweite Sieg hingegen schon recht souverän. Sebastian wint met speels gemak! Hier der Wackel-Sieg:

Sebastian - Nijdam 1:0

Auch hier zeigen wir gemeinerweise wieder nicht, wie das Endspiel weiterging. Aber man muss sich etwas beschränken mit den Analysen. Ich finde die Verwicklungen in der Zeitnotphase interessant genug.

Zweite Hälfte

Also rangerobbt und 2,5/4. Aber es lief nicht gut weiter. Weiß-Null gegen einen 2200er. Remis abgelehnt und dann nicht den richtigen Plan gefunden. Schwarz-Remis gegen eine junge Mongolin unter 2000 - aber hier hatte Bast Chancen in der Eröffnung ausgelassen. Und nochmal Null-Diät mit Schwarz gegen einen jungen FM. Hier wurde eine Taktik übersehen.

So blieben zwei Runden. In der vorletzten Runde ging es gegen einen walisischen FM Anfang 60, der seinen Titel bereits im letzten Jahr errungen hat - geht doch! Der sympathische Frührentner bot allerdings Schach der Marke Kaffeehaus („gegen einen schwächeren Gegner hätte das vielleicht noch klappen können“ war sein Kommentar hinterher) und Sebastian gelang eine starke Partie. Hier die leicht entkoffeinierte Version.

Sebastian - Kett 1:0

Am Ende noch ein taktisches Handgemenge gegen 2400 - und ein Verlust. Hier kam Sebastian etwas zu spät ans Brett, da die Autobahnabfahrt Hoogeveen gesperrt war. Wie schon im letzten Jahr, auch Google wusste nichts davon. Warum sperren die immer am letzten Turniertag ihre Autobahnabfahrt? Ich werde das mal prüfen, vielleicht gibt es da einen Halloween-Umzug oder so etwas.

Fazit

Sattes Minus von 40 Punkten. Das hatte man sich ja ganz anders vorgestellt. Manche Gegner sind aber auch furchtbar unterbewertet. Natürlich muss man dann die Chancen, die es meistens auch gab, reinmachen. Da muss also im taktischen Bereich angegriffen werden.

Kurios übrigens, was sich alles so auf Turnieren tummelt. Es gab noch zwei „Amateur“-Turniere, eines vormittags und eines am Nachmittag. In beiden (!) Turnieren trat ein 8jähriger (nochmal: !) niederländischer Junge ohne ELO an, der reihenweise die 1900er wegfegte: Einmal performte er knapp 2000, einmal sogar knapp 2100. Der steigt also mit einer schönen ELO von 2000 ein.

In ganz Deutschland haben wir überhaupt keinen U10-Spieler mit 2000 ELO. Und auch im Bereich 1900 taucht nur ein Name auf. Den jungen Niederländer kann man sich mal merken für die Zukunft. Da war ich ja echt froh, dass ich nicht in dem Turnier spielen musste als Semi-Schach-Rentner! Brrrr! Verlassen wir den Ort des Grauens und gehen wir zum nächsten Turnier.
 

Am Brett in Hoogeveen
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Kamp-Lintfort

Die Deutsche Meisterschaft der Ordnungshüter - traditionell wie immer ausgetragen in der ersten Novemberwoche. 44 Teilnehmer, 15 davon über 2000, Sebastian an „3“ gesetzt. 7 Runden, eine pro Tag. Auch hier: Fischer Kurz. Keine Corona-Kids oder obskure indische WGM. Es ging wie gesagt am Tag nach der letzten Hoogeveen-Runde direkt weiter in Kamp-Lintfort mit der Auftaktpartie. In NRW galt  es, einen zweiten Platz aus dem Vorjahr zu verteidigen - oder vielmehr: Noch zu verbessern. Und bis zwei Runden vor Schluß schien die Mission auf einem guten Wege zu sein - dann gab es doch noch die Goldene Ananas.

Schwerer Auftakt

Es gab zunächst Siege gegen 1800 und 2000, verdient, umkämpft und gegen 2000 auch mal mit einem Schreckmoment. Ärgerlich war das Weiß-Remis gegen 1900 in Runde drei. Eine Eröffnungsüberraschung, etwas schlechtere Stellung - da war das Remis aber durchaus pragmatisch. Und für den weiteren Turnierverlauf sollte sich dieses Schweizer Light-Gambit durchaus als günstig herausstellen.

Doppel-FM-Sieg

Nun ging es gegen zwei der drei FM im Feld: Zunächst mit Schwarz gegen Prediger (2200). Hier gab Weiß einen Bauern, mühte sich aber bis fast zur Zeitkontrolle, diesen nachzuweisen. Nach einem Fehler seines Gegners kurz vor Zug 40 konnte Sebastian durch eine technisch einwandfreie Leistung einen ganzen Punkt buchen. Seine beste Partie in Kamp-Lintfort!

Prediger - Sebastian 0:1

Stark war auch die Weiß-Partie gegen FM Natsidis (2300). Nur nicht der vorletzte Zug der Partie. Es war aber auch der vorletzte Fehler, und Bast gewann schließlich in einer (Fast-)Miniatur. Wow! 30 Punkte im Plus zu diesem Zeitpunkt und punktgleich an der Spitze mit Seriensieger FM Kotter - und der besseren Buchholzzahl.

Sebastian - Natsidis 1:0

Finale - oh, ha…

Nun also Bast und FM Kotter (2300) gegeneinander, Sebastian auch noch mit Weiß. Mit der schlechteren BHZ war der FM also in Zugzwang. Bei einem Remis müsste Sebastian aber natürlich wohl die letzte Partie mit Schwarz auch noch gewinnen. Gegen Kotter stand Bast in den letzten Jahren drei- oder viermal fett auf Gewinn, ein voller Zähler gelang ihm aber nie…

Diesmal steuerte der Serienmeister die Partie in der Eröffnung auf recht untheoretische, positionelle Pfade und konnte Sebastian im Endspiel überrumpeln. Allerdings kein zwangsläufiger Verlauf. So oder so war es wieder mal Essig mit dem 1. Platz.

Sebastian - Kotter 0:1

Schade - das Endspiel musste man wohl nicht verlieren. Na gut. Null gegen 2300 ist an sich noch kein Drama. Mit einem Sieg in der letzten Runde gegen 2000 hätte Sebastian das Turnier nun zu einem vernünftigen Ende und einem 2. Platz bringen können, aber er verlor in einem taktischen Handgemenge mit Fehlern auf beiden Seiten. Hier ein Diagramm aus der Partie:
 
Zahn - Sebastian

Weiss hat soeben 21. Dg5-b5? gespielt. Wie hätte Schwarz jetzt gewinnen können? Auflösung am Ende.

Fazit

Lange Zeit doch ein sinniges Turnier. Gegen Kotter in Runde 6 stand Sebastian ja wieder einmal kurz vor einem drohenden Turniersieg. Doch wieder mal Danke - für nichts! Aber James Bond kommt zurück in 2024 in „Niedersächsische Landeseinzelmeisterschaft“.

frank modder, 08.01.2024
 

Wird es bei der LEM 2024 an die
Fleischtöpfe gehen? Wir bleiben dran...

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Lösung: Schwarz konnte gewinnen mit 21. … Lb4! Droht u.a. Lxc3. Also sagen wir 22. cxb4 Sxd4 23. exd4 Txe2 24. Sf3. Jetzt kommt es zum Damentausch mit 24. … Dd5, und die Stellung ist danach gewonnen. Sogar relativ leicht, wie einige Varianten zeigen.